ich war 16  

und lernte

Alle aus der Familie haben mein Tagebuch gelesen. Wirklich alle. Ich war 16 Jahre alt, als sich eine Person Zugang zu meinem Zimmer verschaffte, das versteckte Tagebuch erschnüffelte, völlig entsetzt über den Inhalt war, und es deshalb der ganzen Familie, inkl. sämtlicher Onkels und Tanten zum Schmökern gab.

Was darin stand? Die ersten sexuellen Erfahrungen einer 16-Jährigen. Für die Familie wahrscheinlich ein Erotikroman, der endlich wieder Schwung in ihr angestaubtes, biederes Sexleben brachte.

Machen wir uns nichts vor. Sie haben sich alle daran aufgegeilt.

Von meinem betrunkenen Vater kassierte ich Prügel.

Wie können erwachsene Menschen nur so hilflos sein?

Das Tagebuch verbrannte ich daraufhin. Ob ich wieder schrieb? Unbedingt! Bis heute. Es ist mein Seelenputz, meine Art der Reflexion, meine kleine Auszeit.

Aber was machen solche Erlebnisse mit einem? Ich lernte, dass meine engsten Bezugspersonen meine größten Feinde waren, dass niemand einschritt und Haltung zeigte. Ich lernte, mich auf mich selbst zu verlassen.

Im Escortservice war das wohl meine Rettung und natürlich trägt diese Geschichte nun dazu bei, das Vorurteil zu bestätigen, nur traumatisierte Frauen würden den Weg in diese Branche einschlagen. Möglich.

Aber was, wenn jeder Lebensweg in Ordnung ist? Wer will sich darüber erheben?

Jedenfalls war der Gang in die Prostitution auch eine Form der Rebellion. Neben der eigenen Neugier, war es auch eine Botschaft an all meine Bezugspersonen: Ich habt versagt!

Der Gang in die Medien (Markus Lanz, etc.) setzte dem Ganzen die Krone auf. Ich verstecke mich nicht!! Dieser Mut gelingt gut, wenn man nicht auf Liebe hofft.

Es war eine Form, ihnen meinen Schmerz zurückzugeben und gleichzeitig zu mir zu stehen.

Im Escortservice erlebte ich dann Männer, die mich fragten:
„Wieso machst Du das? In dir steckt doch so viel mehr.“ Ich weiss von ehemaligen Kolleginnen, dass sie diese Fragerei als respektlos empfanden, weil sie implizierte, der Job sei etwas Minderwertiges.

Für mich waren diese Fragen Balsam.

Bis dann auch der Kunde in mein Leben trat, der es mir ermöglichte, mein Abitur nachzuholen und zu studieren. Er glaubte an mich und wir beide spielten ein bisschen Pretty Woman, inkl. La Traviata in der MET in New York über Silvester. Was für ein Erlebnis, Gott hab ihn selig! 

Heute, wenn ich etwas über Narzissten und Narzisstinnen lese, habe ich Mitgefühl. Ich sehe all diese Leere in diesen Menschen. Sie haben selbst Schmerz durchlitten, waren nicht in der Lage, diesen zu transformieren und geben ihn deshalb ungefiltert weiter.

Irgendwann las ich von Buddha: „An Ärger festzuhalten ist wie Gift zu trinken und erwarten, dass der andere dadurch stirbt.“

Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal? Jesus sagte zu ihm: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal. (Mt 18,21-22)

Wenn wir nicht nur den Kreislauf aus „hurt people hurt people“ durchbrechen wollen, sondern selbst ein zutiefst glückliches und erfülltes Leben mit uns und anderen Menschen leben möchten, dürfen wir aufräumen: In uns und radikal. Dies gelingt auf zwei Säulen: Vergebung + Selbstliebe.

Am 25.1. startet der Kurs Liebeskunst. Dabei geht es nicht nur darum, wie Du die Verbindung inkl. Sexualität zu deinem Ehemann vertiefen kannst, sondern wie Du vor allem zu dir die liebevollste und stärkste Verbundenheit aufbauen kannst. 

Ich freue mich auf dich.